Arzt-Depesche

Steine im Weg zur Präzisionsonkologie

Anlässlich des Hauptstadtkongresses (HSK) wurden im Rahmen eines Presseveranstaltung aktuelle Chancen und Herausforderungen des Einsatzes der Präzisionsonkologie in der Versorgungrealität in Deutschland diskutiert. Fazit: Für die breite Versorgung von Patient:innen mit derartigen innovativen und hochpräzisen Krebstherapien bedarf es eines Neudenkens im Gesundheitssystem und Anpassung von Strukturen.
Gerade vom ASCO 2023 (Kongress der Amerikanischen Gesellschaft für klinische Onkologie) zurückgekehrt, sprach Dr. Benedikt Westphalen, ärztlicher Leiter am Comprehensive Cancer Center der LMU München, über das inzwischen riesige Potenzial der Präzisionsonkologie für Patient:innen und den sich ankündigenden weiteren Fortschritt auf diesem Gebiet. Er bemerkte gleichzeitig aber auch, dass diese Chance für wirksamere innovative Therapien von Krebspatient:innen eine enorme Herausforderung darstellt. Das deutsche Gesundheitssystem und dessen Strukturen sind auf diesen medizinischen Wandel nicht genügend eingestellt und nicht flexibel genug, um auf diesen zeitnah zu reagieren. Somit kommt dieser Fortschritt in der breiten Versorgung nicht an. Dr. Westphalen verwies darauf, dass schon der fundamentalen Voraussetzung für die Präzisionsonkologie, einer umfassenden molekulargenetischen Diagnostik, in der breiten Versorgung Steine im Weg liegen. So wird unter anderem deren Vergütung nicht bei allen Tumorarten- und Stadien übernommen. Eine State of the Art-Diagnostik wie das Next Generation Sequencing (NGS) von der Erstdiagnose bis hin zum regelmäßigen Therapiemonitoring sollte jedoch ein integraler Bestandteil der Behandlung sein, um diesem Fortschritt gerecht zu werden, so Dr. Westphalen. Er betonte, dass es jetzt an der Zeit ist, das „richtige Brett“ für die auf uns zurollende Welle von hochpräzisen und Biomarker-basierten Therapien, die innerhalb weniger Jahre über die onkologische Versorgung hinwegrollen wird, zu finden. Dieser Herausforderung müssen wir uns jetzt stellen und wenn – auch mit kleinen Schritten.  
Innovationen werden zudem auch an anderen Stellen ausgebremst. So sind aktuell neue Wege der Evidenzgenerierung, ob nun mittels moderner Studienkonzepte, durch Einbindung von Real-World-Daten oder früher messbare Endpunkte, in der Nutzenbewertung fast nicht vorgesehen. Da innovative Behandlungsstrategien immer präziser auf immer kleinere Patient:innen-Kollektive angepasst werden, kommen klassische randomisierte klinische Studien immer mehr an die Grenzen der Umsetzbarkeit. Es bedarf somit einer flexibleren Regulatorik, die in der Lage ist, auf die Dynamik und Vielseitigkeit der neuen Therapien angemessen zu reagieren, betonte Ralf Zerbes.    
Die vortragenden Experten waren sich einig, dass als notwendige Voraussetzungen für die Präzisionsonkologie unter anderem bestehende Prozesse und Strukturen überdacht werden müssen sowie eine transsektorale Vernetzung erfolgen muss. Dazu müssen alle Beteiligten im Gesundheitswesen zu einer Zusammenarbeit bereit sei.
Quelle: PRESSEDINNER: Präzisionsonkologie: Fortschritt für alle, wenige, oder doch für niemanden?
Berlin, 15.6.2023 im Rahmen des Hauptstadtkongresses 2023
 Verasnstalter: Roche Pharma AG ; Präzisionsonkologie

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