Konsens bei Kariesprophylaxe mit Fluoriden gesucht

NATUR+PHARMAZIE 12/2001

Zahnpasta kann Tabletten nicht immer ersetzen

Seit im März 2000 Verbände der Zahnärzte aus den gemeinsamen Kariesprophylaxe-Richtlinien mit den kinderärztlichen Verbänden und der DGE ausscherten, sind Eltern mit widersprüchlichen Empfehlungen konfrontiert. In der Beratung sollte ein sinnvoller Kompromiss gefunden werden, der auf die individuelle Situation eingeht.

Kundin (mit Kleinkind im Buggy): Ich komme vom Kinderarzt. Er hat Fluoridtabletten für Jasmin verordnet; sie ist jetzt ein halbes Jahr alt. Aber ich weiß nicht so recht, ob ich ihr das Medikament wirklich geben soll. Unser Zahnarzt sagt nämlich, Fluoridtabletten seien nicht mehr nötig ... Apotheker: Die Ratschläge der Zahnärzte und der Kinderärzte gehen derzeit auseinander, obwohl man sich in der Hauptsache einig ist: Fluoride sind unverzichtbar zur Vorbeugung gegen Karies Á. - Nach Meinung vieler Zahnärzte ist aber vor dem Zahndurchbruch in der Regel keinerlei Fluoridgabe erforderlich - weil Fluorid erst wirke, sobald die Milchzähne durchgebrochen sind. Aber auch danach favorisieren die Zahnärzte das Putzen mit fluoridierter Zahnpasta anstelle des Einnehmens von Tabletten. Man will Kinder und Eltern früher an gute Zahnhygiene gewöhnen. Die Fluoridtabletten könne man auf so genannte Risikogruppen beschränken. Kunde: Aber man liest doch immer, dass Karies sowieso rückläufig ist... Apotheker: Richtig, aber nicht allein aus dem Grund, dass heute besser geputzt wird. Der Rückzug der Karies kam mit der Fluoriderung. Fluoride machen Zähne widerstandsfähig gegen Karies. Kinder- wie Zahnärzte verordnen daher seit Jahren Fluoridtabletten. Sie ermöglichen im Gegensatz zu Fluoridzahnpasta eine exakte, altersabhängige Dosierung. Ein sicherer Weg, gegen Karies vorzubeugen, das gilt nach wie vor. Kunde: Also soll Jasmin doch besser Tabletten schucken? Apotheker: Sagen wir so: Tabletten wären dann nicht nötig, wenn Sie eine optimale Zahnpflege von Anfang an hinkriegen: Sie müssten die Milchzähnchen täglich mit einer erbsengroßen Menge Kinderzahnpasta mit niedrigem Fluoridgehalt reinigen. Und zwar derart, dass Jasmin dabei keine Zahnpasta verschluckt. Genau das tun aber die meisten Kleinkinder! Kundin: Warum soll das Verschlucken eigentlich bedenklich sein, wenn Fluoride so gut für die Zähne sind? Apotheker: Eine zu hohe Aufnahme von Fluoriden kann während der Zahnreifung zu weißlichen Flecken im Zahnschmelz führen. Außerdem ist Zahnpasta kein Nahrungsmittel. Sie enthält natürlich Stoffe, die nicht zum Verzehr geeignet sind, schon gar nicht für einen Säugling. Kundin: Also, es sieht so aus: Selbst wenn wir die Zahnpasta ohne Fruchtgeschmack verwenden, die Sie uns neulich empfohlen haben, scheint Jasmin davon einiges wegzuschlucken. Jedenfalls spuckt sie nichts aus... Apotheker: Das wäre auch zuviel verlangt von einem Säugling, und das ist auch das Hauptargument Ihres Kinderarztes. Ich würde Ihnen ebenfalls raten, jetzt zur Kariesprophylaxe die niedrig dosierten Fluoridtabletten zu geben. Und fluoridhaltige Zahnpasta erst dann zu verwenden, wenn das Kind Zahnpasta zuverlässig ausspucken kann. Das ist meistens ab drei Lebensjahren der Fall. Kundin: Und wenn ich das Kind nicht gern an Tabletten gewöhnen möchte...? Apotheker: Sie können sie zwischen zwei Löffeln zerbröseln und in die Beikost mischen. Oder in die Teeflasche - ohne Zucker! - geben, wo sie zerfallen. Der beste Zeitpunkt ist vorm Schlafengehen, nach der Zahnreinigung. Kundin: Und für wie lange sollen die Fluoridtabletten gegeben werden? Apotheker: Solange, bis Jasmin am Tisch mit isst und fluoridiertes Speisesalz erhält. Das Salz ist unumstritten ein wichtiger Baustein der Fluoridprophylaxe. Man sollte aber immer nur eine Form von Fluorid innerlich zuführen, entweder Fluoridtabletten oder Fluorid-Speisesalz. Sofern Zahnpasta nicht verschluckt wird, geht sie in die "Bilanz" nicht ein. Kundin: Vielen Dank für die Beratung!

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