Magnesium in der Pädiatrie

NATUR+PHARMAZIE 3/2004

Therapieoption bei hyperaktiven Kindern

Das Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) äußert sich bei Kindern u.a. mit Konzentrationsstörungen, schneller Ermüdbarkeit, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Nervosität. Doch nicht immer liegt diesem Problem eine psychosomatische Erkrankung zugrunde. Eine in Deutschland und der Schweiz durchgeführte klinische Studie zeigt, dass hinter den Beschwerden häufig ein schlichter Magnesiummangel steckt.

Grundsätzlich ist die allgemeine Symp-tomatik eines Magnesiummangels abhängig vom Ausmaß des Defizits - der Normbereich des Plasmaspiegels beträgt bei Kindern 0,76 bis 0,96 mmol/l. Ein normaler Serumspiegel schließt einen Magnesiummangel allerdings nicht aus, da das Serum nur 1% des Gesamtkörper-Magnesiums enthält. Solange im Knochenspeicher noch frei verfügbares Magnesium vorhanden ist, wird dieses beim Absinken der Spiegel an das Serum abgegeben. Schon seit einiger Zeit wird ein Kausalzusammenhang zwischen hyperaktiven bzw. psychovegetativen Beschwerden sowie einer Hypomagnesiämie diskutiert, wissenschaftliche Belege fehlten jedoch bislang. Eine von der Universität Stuttgart-Hohenheim initiierte klinische Studie hatte nun zum Ziel, zu belegen, dass durch eine geeignete Magnesium-Supplementation Behandlungserfolge bei derartigen Kindern zu erzielen sind, die sich auch gegenüber Plazeboeffekten abgrenzen lassen. An der Untersuchung nahmen 2929 Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren teil, die wiederholt über Abdominalbeschwerden, Kopf- und Gliederschmerzen, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche oder vorschnelle Ermüdbarkeit klagten, ohne dass ein organischer Befund vorgelegen hätte. In einer Eingangsuntersuchung fand man bei 436 (14,9%) dieser Kinder eine Hypomagnesiämie, d. h. Magnesiumspiegel unter 0,75 mmol/l. 230 der Kinder mit Mg-Spiegeln unter 0,75 mmol/l erhielten im Rahmen der Doppelblindstudie über einen Zeitraum von drei Wochen entweder zweimal täglich fünf mmol Magnesium-aspartat-hydrochlorid (entsprechend 121,5 mg Mg), oder als Plazebomedikation Kalzium-aspartat-hydrochlorid. Die Beurteilung der Therapie erfolgte nach drei Wochen durch Arzt und Patient bzw. ein Elternteil. Dabei bewerteten 80,2% der Pädiater den Therapieerfolg der Magnesium-Supplementation mit "sehr gut / gut" (Plazebo: 65,5%). 82,9% der befragten Eltern bzw. kleinen Patienten waren von der praktisch nebenwirkungsfreien Magnesiumtherapie überzeugt. Nach Ansicht der Autoren ist die eingesetzte Dosis (10mmol/Tag) dabei als Mindestdosis zu betrachten und die Behandlungsdauer sollte auf zwölf Wochen verlängert werden, um einen völligen Ausgleich des Magnesiumdefizits zu erreichen. Kinder benötigen, besonders in den Wachstumsphasen, deutlich mehr Magnesium im Verhältnis zum Körpergewicht als Erwachsene. Zu den Lebensmitteln mit einem hohen Magnesiumgehalt gehören Mais, Vollkornreis, Schokolade und Vollkornprodukte, doch gerade bei Letzteren behindern Phytate durch Komplexbildung die Verfügbarkeit des Mineralstoffs. Psychischer Stress ist eine der Hauptursachen für große Magnesiumverluste, da in Stresssituationen vermehrt Magnesium über den Urin abgegeben wird. Gleichzeitig kommt es zu einem Teufelskreis, da bei Magnesiummangel die Stresshormonausschüttung erhöht wird, die eine Hypomagnesiämie noch weiter verstärkt. Der Körper reagiert mit einer Über-erregbarkeit des Nervensys-tems, ein Zusammenhang, der gerade bei hyperaktiven Kindern Beachtung finden sollte. Für Kinder mit psychovegetativen Beschwerden oder Anzeichen von ADHS / Hyperaktivität kann die Therapie mit Magnesium über einen ausreichend langen Zeitraum eine wirkungsvolle Behandlungsmöglichkeit darstellen. Wenn organische Ursachen ausgeschlossen werden können, ist ein entsprechender Therapieversuch vor dem Einsatz von Psychostimulanzien wie Methylphenidat eine nebenwirkungsfreie und vielversprechende Alternative in der Behandlung funktionell-neurovegetativer Beschwerden bei Kindern. Dabei ist es nach Ansicht von Professor Baerlocher, St. Gallen, Schweiz, nicht nötig, vor einem Therapieversuch den aktuellen Magnesium-Serumspiegel zu bestimmen, da auch ein normaler Serumspiegel einen intrazellulären Magnesiummangel nicht ausschließt. (pg)

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