Zukunftsmusik

NATUR+PHARMAZIE 4/2001

Mit digitalem Rezept zum Medikament

Nach Einführung der Krankenversicherungskarte im Jahr 1993 und der geplanten Einführung digitaler Health Professionel Cards kündigt sich die nächste Stufe der digitalen Gesundheitsversorgung an. In Zukunft werden Rezepte vom Arzt anstatt auf einem Zettel in elektronischer Form zur Verfügung gestellt und auf einer Chipkarte des Patienten oder auf einem speziellen Computer gespeichert werden. Zuvor sind jedoch zahlreiche datenschutz- und datensicherheitsrechtliche Aspekte zu klären sowie die Frage, wo letztendlich die Daten zu speichern sind.

Zur Zeit werden zwei Modelle diskutiert: Die "Server-Lösung" schlägt vor, dass ein nur für Gesundheitsberufe zugänglicher Server als Austausch-Plattform zwischen Arzt und Apotheke dient. Bei dem zentralen Server wird es sich aber eher um eine regionale Plattform handeln als um eine bundesweite Superdatenbank. Verschreibt ein niedergelassener Arzt ein bestimmtes Medikament, so kann die Apotheke nach Vorlage der Krankenversicherungskarte das Rezept elektronisch vom Server holen. Bei der "Smart-Card"-Lösung wird das Rezept auf einem Speicherchip beim Patienten gespeichert. Nachdem die Richtigkeit des Rezeptes einwandfrei z.B. durch eine digitale Unterschrift des Arztes festgestellt wird, kann das Medikament ausgehändigt werden. Das Sicherheitskonzept beruht dabei auf der gesetzlichen "digitalen Signatur", die Ende 2000 in Deutschland verkündet wurde sowie auf den Standards und Empfehlungen, die in den europäischen Projekten "Eurocards" und "TrustHealth" für die gesicherte Kommunikation im Gesundheitswesen entwickelt worden sind. Eine Smart-Card ist im Besitz des Patienten und mit Zugangsrechten ausgestattet, die für Ärzte und Apotheker unterschiedlich gestaltet sind. Die Zugangsrechte werden durch Health Professional Cards (elektronische Arztausweise) und durch Access Cards (Zugangskarte für Apotheker) realisiert. Die Prozedur könnte wie folgt aussehen: Der Arzt stellt auf der Smart-Card des Patienten ein mit seiner digitalen Unterschrift signiertes Rezept aus. Der Patient legt dann in der Apotheke seine Patientenkarte vor, und mittels der Access Card kann der Apotheker das Rezept lesen. Die digitale Unterschrift des Arztes wird durch ein sog. Trust Center authentifiziert. Der Apotheker gibt dann die verordneten Arzneimittel ab und löscht das Rezept auf der Patientenkarte. Schließlich werden alle bis dahin bearbeiteten Rezepte mittels der Access Card verschlüsselt und an das Apothekenrechenzentrum weitergeleitet. Eine zusätzliche Arzneimittel-Dokumentation auf der SmartCard steht als freiwillige Entscheidung des Patienten in der Diskussion. Die ABDA sieht darin einen Vorteil, da im Zusammenwirken von Arzneimittel-Informationssystem und der Arzneimitteldokumentation eine substantielle Verbesserung der Versorgung erreicht werden kann, und zwar sowohl aus medizinisch-pharmakologischen als auch aus ökonomischen Gesichtspunkten. Das elektronische Rezept macht mehr und validere Daten (z.B. über das Verordnungsverhalten der Ärzte) verfügbar und wird die Kosten der administrativen Abwicklung deutlich reduzieren. Die Kritiker der SmardCard geben zu bedenken, dass sich bei möglichem Verlust ein Unbefugter ein genaues Bild über das Krankheitsprofils des Besitzers machen kann. Existiert die Krankenakte darüber hinaus nur auf dem Chip, so sind im Falle eines Verlustes lebenswichtige Informationen für immer verloren. Aus diesen Gründen favorisiert die Ärzteorganisation, medizinische Daten wenn überhaupt, dann auf einer Datenbank abzuspeichern. In diesem Fall ist die Krankenversichertenkarte dann ein Schlüssel, mit dem der Tresor "medizinische Daten" aufgeschlossen wird. Wie in jeder guten Bank soll sich die Tür aber nur öffnen lassen, wenn noch ein weiterer Schlüssel ins Schloss gesteckt wird, der eines Arztes. Im europäischen Ausland werden in naher Zukunft erste Pilotprojekte zur Einführung des elektronischen Rezeptes gestartet. Allen voran werden wohl die britischen Apotheker Rezepte mit dem Modem empfangen. In Deutschland beginnt zunächst die Diskussion über die Weiterentwicklung der Krankenversichertenkarte. Die Bundesregierung will in einem eigenen Gesetz die neue Krankenversichertenkarte auf den Weg bringen, die nach Vorstellung der KBV nicht mehr so leicht zu manipulieren ist und auf der wichtige zusätzliche Informationen in digitaler Form gespeichert werden können. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch das Erstellen elektronischer Rezepte Bestandteil einer neuen multifunktionalen Versichertenkarte werden kann. (msar)

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