Neue STIKO-Empfehlungen

NATUR+PHARMAZIE 3/2000

Impflücken schließen bei Pertussis und Hepatitis B

Seit Januar sind neue Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut in Kraft. Die wesentlichen Änderungen betreffen die Keuch-hustenimpfung, die jetzt generell Jugendliche bis 18 erhalten sollen, sowie das Vorgehen bei Hepatitis-B-positiven Müttern.

Alle Jahre wieder passt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut ihre Impfempfehlungen an die aktuelle epidemiologische Situation an. Die meisten Bundesländer übernehmen die Empfehlungen für Routine-Schutzimpfungen uneingeschränkt. Nur bei Reise- und Erwachsenenimpfungen (Indikationsimpfungen) bestehen gelegentlich Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Die jetzigen Empfehlungen lösen die Richtlinien vom März 1998 ab. Lediglich bei zwei Impfungen gibt es wesentliche Veränderungen. Keuchhusten lässt Kinder schwer erkranken und ist für Säuglinge mitunter lebensbedrohlich. Was daher unverändert weiter gilt: Die Grundimmunisierung soll zum frühestmöglichen Zeitpunkt beginnen und mit dem 15. Lebensmonat abgeschlossen sein. Säuglinge sollen unmittelbar nach Vollendung des zweiten Lebensmonats zum ersten Mal geimpft werden, Es folgen zwei weitere Impfungen in monatlichen Abständen und eine dritte zwischen dem 12. und dem 15. Lebensmonat. Das Nachholen oder die Vervollständigung des Impfschutzes wurde bislang nur bis zum vollendeten fünften Lebensjahr empfohlen. Neu ist: Die Altersbegrenzung nach oben entfällt. Das Nachholen - für nicht vollständig grundimmunisierte - oder die Auffrischung des Pertussis-Impfschutzes - für grundimmunisierte - Kinder, wird nunmehr bis zum 18. Lebensjahr empfohlen. Wohlgemerkt: Auch bei komplett grundimmunisierten Kindern (vier Impfdosen mit azellulärer Vakzine im ersten Lebensjahr) ist eine Auffrischimpfung zwischen dem 11. und dem 18 Lebensjahr angeraten. Warum: Nach vollständiger Grundimmunsisierung hält die Immunität gegen Bordetella pertussis durchschnittlich etwa zehn Jahre. Nach spätestens 20 Jahren ist sie dahin, auch wenn der Betroffene zwischenzeitlich mit dem Erreger in Kontakt kam. Dass Erwachsene erkranken, ist mehr epidemiologisch als individuell bedeutsam: Keuchhusten bei Erwachsenen verläuft wenig dramatisch und wird oft nicht als solcher erkannt, aber er kann ungeimpfte Säuglinge infizieren (vgl. Artikel Seite 10). Zu betonen ist: Die aktuelle Durchimpfungsrate bei den Jugendlichen, die zur Auffrischungsimpfung anstehen, liegt weit unterhalb der für einen Herdschutz nötigen Rate. Bei ihnen ist eine Grundimmunisierung nachzuholen. Seit 1995 steht im Impfkalender für Säuglinge, Kinder und Jugendliche auch die HB-Impfung. Neu formuliert sind Empfehlungen zur Hepatitis-B-Vorbeugung bei Neugeborenen HBsAg (Hepatitis-B-surface-Antigen)-positiver Mütter bzw. von Müttern, deren HBsAg-Status unbekannt ist: Nach den Mutterschaftsrichtlinien werden alle Schwangeren nach der 32. Woche, möglichst nahe am Geburtstermin, auf HBsAg untersucht. Ist das Ergebnis positiv, wird das Neugeborene innerhalb 12 Stunden nach der Geburt simultan aktiv und passiv immunisiert. Die erste Dosis HB-Impfstoff und HB-Immunglobulin werden an verschiedenen Körperstellen gespritzt. Der so begonnenen Grundimmunisierung folgt nach dem ersten Monat die zweite Impfung, nach dem sechsten die dritte (Schema 0-1-6). Bei unbekanntem HBsAg-Status der Mutter wird das Neugeborene ebenfalls sofort aktiv geimpft. Entpuppt sich die Mutter nachträglich als HB-positiv, bekommt das Kind binnen sieben Tagen HB-Immunglobulin. Warum: Infektionen mit dem Hepatitis-B-Virus werden im Kindesalter wesentlich häufiger chronisch als bei Erwach-senen (Neugeborene ca. 90%, Erwachsene ca. 10%). Es kann zu schweren Leber-erkrankungen bis hin zum Leberkrebs kommen. Neu sind auch die Empfehlungen bei Kanülenstichverletzungen von medizinischem Personal: Auf eine Hepatitis-B-Immunisierung darf nur dann verzichtet werden, wenn die betroffene Person vor nicht mehr als fünf Jahren geimpft worden ist und einen entsprechenden Antikörpertiter aufweist. Im Zweifelsfall muss unverzüglich ein Bluttest Klarheit schaffen. (RS)

Quelle: RKI: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch Institut, Zeitschrift: EPIDEMIOLOGICAL BULLETIN, Ausgabe 2 (2000)

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