Wenn der Anteil mutierter mtDNA ein bestimmtes Ausmaß überschreitet, tritt eine Störung in der mitochondrialen oxidativen Phosphorylierung ein. Verschiedene Komplexe der Atmungskette sind involviert, vor allem der Komplex IV (Cytochrom-C-Oxidase, COX). Auch wenn nur wenige Zellen einen COX-Mangel aufweisen, hat dies bei komplexen Geweben wie dem Gehirn enorme Auswirkungen. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass eine Anhäufung COX-negativer Zellen im Alter, bei Tumoren und beim Fortschreiten der Mitochondrienkrankheit auf drei Grundeigenschaften der mtDNA zurückzuführen sind: Polyploidie, relaxierte Replikation und einen Mechanismus, der die normale Kopienzahl der mtDNA in der Zelle reguliert. Diese Eigenschaften sind für den zufälligen genetischen Drift verantwortlich. Das heißt nicht, dass der zufällige genetische Drift der einzige Mechanismus ist, der diese Veränderungen bedingt; aber er ist ein sehr wirkungsvoller Prozess, der Alter, Krebs und Mitochondrienkrankheit in gleicher Weise zugrunde liegt. (EH)
Tumorgenese
NATUR+PHARMAZIE 7/2003
Haben Altern und Krebs einen gemeinsamen Mechanismus?
Die Anhäufung somatischer Mutationen von mitochondrialer DNA (mtDNA) ist beim Menschen Teil des natürlichen Alterungsprozesses. Auch bei verschiedenen Tumoren und bei der Mitochondrienkrankheit findet man solche mtDNA-Mutationen. Mathematische Modelle lassen den Schluss zu, dass in allen drei Fällen die selben zellulären Mechanismen zugrunde liegen.
Quelle: Chinnery, PF: Accumulation of mitochondrial DNA mutations in ageing, cancer, and mitochondrial disease: is there a common mechanism?, Zeitschrift: THE LANCET, Ausgabe 360 (2002), Seiten: 1323-1325