Mögliche Vergiftung bei Kindern

NATUR+PHARMAZIE 9/2000

Erste Hilfe: Pantherspucke im bunten Becher

Apotheken stellen wichtige Anlaufstellen bei Vergiftungsfällen oder -verdacht dar. Zwei Drittel der bei Giftinformationszentralen gemeldeten Vergiftungen betreffen Kinder. Bei ihnen passieren Vergiftungsunfälle zu 90 Prozent versehentlich; je jünger das Kind, desto lieber steckt es alles in den Mund, was in Haus oder Garten nicht niet- und nagelfest ist. Hauptgefahrenquellen für die Kleinen: Haushalts- oder Gartenchemikalien (z. B. Reiniger, Lampenöl), Arzneimittel sowie Pflanzenteile. 40 Prozent der Anfragen beim Gitfnotruf betreffen Pflanzen; doch diese "Vergiftungen" verlaufen in aller Regel viel glimpflicher als die mit Chemikalien oder Arzneien. - Ein Beratungsgebiet, auf dem Sie Ihr Positivimage vom Arznei- und Drogenfachmann stärken können.

Zwei Frauen eilen in die Offizin, eine zieht einen etwa vierjährigem Buben an der Hand. Die Mutter, aufgeregt: Mein Kind hat von solchen roten Beeren gegessen im Park um die Ecke, ich glaube, es sind Vogelbeeren, aber sicher bin ich nicht ... auch nicht, ob das gefährlich ist ...? Apotheker: À Ganz ruhig, junge Frau. Wie lange ist das denn her, und wie geht es Ihrem Kind im Moment? Mutter: Hm, eigentlich ganz normal, oder? Tobi, sag doch was! Tobi (bleich, sagt nichts, guckt sich in der Freiwahl um) Mutter: Er kam mit einer Handvoll Beeren und wollte, dass wir sie auch probieren. Er habe schon genauso viele gegessen, vielleicht vor einer halben Stunde... Apotheker: Á Können Sie mir ein paar dieser Beeren herholen, damit ich sie mir ansehen kann? Begleiterin: Selbstverständlich, ich weiß, welche es waren! (geht ab) Apotheker: Â Jetzt geben wir unserem kleinen Patienten erst einmal gut zu trinken. Flüssigkeitszufuhr ist in jedem Fall sinnvoll, egal ob Wasser, Tee oder Saft. Vorhandene Giftstoffe werden dadurch verdünnt. Ã Man kann zusätzlich medizinische Kohle geben, die fast alle Giftstoffe im Magen und Darm binden kann, so dass sie nicht ins Blut gelangen. Das ist heute die anerkannteste Methode, um erste Hilfe bei Vergiftungen zu leisten. Aktivkohle ist auch bei Kindern völlig ungefährlich, im Gegensatz zu der Methode, den Finger in den Hals zu stecken, um Erbrechen auszulösen. Man kann bei Kindern Aktivkohle in flüssiger Form zu geben, als Suspension von Kohlepulver. Es gibt ein Fertigpräparat, das durch Zugeben von Wasser oder Saft in der Flasche zubereitet wird... Kundin: Aber ob Tobi Aktivkohle schlucken mag, das schwarze Zeug? Apotheker (augenzwinkernd zu Tobi): Wir haben ein spezielles Präparat für Dich: heißt Pantherspucke. Schwarze Brühe, trinken nur ganz tapfere kleine Männer ... Begleiterin Ä (kommt mit einer Doldentraube rotoranger, erbsengroßer Beeren) Apotheker: Das sind Feuerdorn-Beeren. Sie werden oft mit Vogelbeeren bzw. Eberesche verwechselt; Feuerdorn hat im Gegensatz zur Eberesche Dornen und immergrüne Blätter. Die Beeren sind nicht giftig, es kann vielleicht zu Bauchschmerzen oder leichtem Durchfall kommen ... Kundin: Gott sei Dank ... Aber ganz beruhigt bin ich noch nicht. Ich möchte ihm die Aktivkohle geben ... Apotheker: Tipp: Nehmen Sie einen schönen bunten Becher für den Kräftetrunk. Und dann geben Sie noch ein paar Stunden auf Tobi Acht. Kundin: Vielen Dank.

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