Kein ausreichender Herzschutz durch alpha-Linolensäure

NATUR+PHARMAZIE 1/2004

Entscheidend sind die Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl

Bei der Empfehlung von Omega-3-Fettsäuren zur Kardioprotektion sollte unbedingt zwischen marinen und pflanzlichen Fettsäuren unterschieden werden. Die evidenzbasierten Empfehlungen der kardiologischen Fachgesellschaften gelten ausschließlich für Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) - Hauptquellen: Fischöl - , jedoch nicht für die alpha-Linolensäure (ALA), eine Omega-3-Fettsäure aus Pflanzenölen.

Das Herz-Kreislauf-System des Menschen profitiert von den Omega-3-Fettsäuren aus Fischöl auf vielfältige Weise: Sie senken Blutfette, besonders Triglyzeride, erhöhen das "gute" HDL-Cholesterin, senken erhöhten Blutdruck, verbessern die Durchblutung, verlängern die Blutgerinnung und vermindern darüber hinaus Extrasystolen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung propagiert als Quelle für Omega-3-Fettsäuren auch die pflanzliche alpha-Linolensäure. Sie findet sich z. B. in Leinöl, Rapsöl, Sojaöl und Walnussöl. Den höchsten Gehalt weisen die asiatischen Perilla-Samen auf. Dieser Empfehlung liegt die Annahme zugrunde, dass die mittelkettige, dreifach ungesättigte alpha-Linolensäure (ALA) in ausreichender Menge in die biologisch aktiven langkettigen, vielfach ungesättigten Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) umgewandelt wird. Denn lediglich EPA und DHA sind es, für die in klinischen Studien (z. B. GISSI-P) eine Primär- und Sekundärprävention gegen Herzinfarkt mit hohem Evidenzgrad belegt wurde. Wahrscheinlich ist aber das Ausmaß der Umwandlung von ALA in EPA und DHA im Menschen sehr gering, betont der Stoffwechselexperte PD Dr. Peter Singer aus Heppenheim: Literaturangaben schwanken zwischen 0,2 und 15%, was u.a. durch die individuell sehr verschiedene Aktivität der notwendigen Enzyme (Desaturasen, Elongasen) erklärt werden kann. Um die biologische Aktivität von DHA/ EPA zu erzielen, die 50 bis 100 g fettem Fisch pro Woche entspricht, müsste man z. B. 50 g Rapsöl pro Tag (!) zu sich nehmen. Diese Aufnahmemenge erscheint aus mehreren Gründen unpraktikabel, u.a. wegen der massiv überhöhten Kalorienzufuhr. Kardioprotektive Effekte der alpha-Linolensäure selbst sind nicht klar zu belegen. In einer Studie (Lyon Diet Heart Study) wird ALA eine herzschützende Wirkung zugesprochen; zwei neuere, doppelblinde Studien mit tausenden Teilnehmern (Norwegian Vegetable Oil Experiment und MARGARIN), konnten jedoch keinerlei positiven Effekt finden. (RS)

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