Deutsche Dermatologische Gesellschaft

NATUR+PHARMAZIE 5/2003

Diagnose und Therapie der atopischen Dermatitis

Die Prävalenz der atopischen Dermatitis (Neurodermitis) ist in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Experten der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und des Berufsverbandes Deutscher Dermatologen haben neue Leitlinien für Diagnose und Therapie dieser Krankheit formuliert, die auch für die Apotheke interessant sind.

Die Prävalenz der atopischen Dermatitis bis zum Schulanfang liegt zwischen 8 und 16% (Inzidenzgipfel in den ersten beiden Lebensjahren). Der Krankheit liegt eine genetische Disposition zugrunde. Das Risiko, dass ein Kind eine atopische Dermatitis, einen Heuschnupfen oder ein Asthma bronchiale entwickelt, ist am größten, wenn beide Eltern unter der gleichen atopischen Erkrankung leiden (60 bis 80%). Trotz starker erblicher Disposition können Krankheitserscheinungen ausbleiben bzw. mittels einer präventiven Behandlung verzögert oder abgeschwächt werden. Eine wichtige präventive Rolle wird dem konsequenten Stillen für vier bis sechs Monate zugeschrieben. Diagnose Primär erfolgt die Diagnose anamnestisch (einschließlich atopischer Eigen- und Familienanamnese) und durch die Untersuchung der gesamten Haut. Dazu müssen mögliche psychosomatische, ernährungsbedingte oder durch andere Umgebungsfaktoren bedingte Auslösefaktoren ermittelt werden (z. B. mit Hilfe eines Juckreiz- und Kratztagebuches). Allergische Sensibilisierungen können im Einzelfall eine Rolle spielen und sollten daher überprüft werden (z. B. Soforttyp-Sensibilisierungen gegenüber Pollen, Tierhaaren, Hausstaubmilben und Schimmelpilzen). Provokationsfaktoren ermitteln Zahlreiche unspezifische (z. B. Irritation der Haut durch bestimmte Textilien, psychischer Stress, Infekte) und spezifische Faktoren (z. B. IgE-vermittelte Allergien, mikrobielle Antigene) können eine atopische Dermatitis provozieren. Etwa die Hälfte der Säuglinge und Kleinkinder mit persistierendem Ekzem weist eine Sensibilisierung gegen Nahrungsmittel auf. Eine klinisch aktuelle Allergie gegen Nahrungsmittelkomponenten (v. a. Kuhmilch, Hühnerei) lässt sich aber nur bei einer Minderheit dieser Kinder nachweisen. Eine diätetische Intervention ist nur gerechtfertigt, wenn eindeutig die Aktualität einer Nahrungsmittelallergie nachgewiesen wurde, am sinnvollsten mittels einer doppelblinden plazebokontrollierten Provokation des verdächtigen Nahrungsmittels. Topische Basistherapie Phasengerechte Auswahl der jeweiligen Vehikel: Je nach Hautzustand Wasserin-Öl- oder Öl-in-Wasser-Emulsionen, harnstoffhaltige Emulsionen (Vorsicht bei kleinen Kindern), gegebenenfalls Ölbäder. Spezifische Wirkstoffe zur topischen Anwendung - Kortikoide: Entzündungshemmend - Tacrolimus und Pimecrolimus: Immunsuppressiva, die die Entzündungsreaktionen der Haut blockieren; auch für Kinder geeignet - Polidocanol: gegen Juckreiz - Synthetische Gerbstoffe: Tanninartig; gegen Juckreiz, auch zur Anwendung an Händen und Füßen - Antiseptika: z. B. Chlorhexidin - Antibiotika: Fusidinsäure, Erythromycin; bei klinisch sichtbarer Impetiginisierung - Antimykotika: z. B. Imidazole; bei Infektion mit Pityrosporum ovale - Salicylsäure bei Hyperkeratosen Systemische Therapie - Antihistaminika: sedierende zur Nacht, nicht-sedierende tagsüber - Steroide: nur ausnahmsweise; bei großflächiger Ausprägung als "Stoßtherapie" über zwei bis vier Tage ohne schrittweise Dosisreduktion oder als zwei- bis vier-wöchige Therapie mit schrittweiser Dosisreduktion - Ciclosporin: zugelassen bei schwer ausgeprägter atopischer Dermatitis, empfohlen über maximal sechs Monate in der niedrigsten wirksamen Dosis mit anschließender Reduktion über drei Monate im Ausnahmefall bei schwerer atopischer Dermatitis und mangelnden Alternativen: andere Immunsuppressiva wie Azathioprin. Weitere Immunsuppressiva befinden sich in Erprobung Phototherapie Abhängig von der Ausprägung eignen sich verschiedene phototherapeutische Ansätze, wobei die Phototherapie bei Kindern unter zwölf Jahren nur bei strenger Indikation und ausnahmsweise durchgeführt werden sollte. Psychosoziale Betreuung Hierzu gehören vor allem Entspannungsmethoden und Therapiegruppen, seltener Einzel- oder Familienpsychotherapien. Auch auf die Bedeutung von Selbsthilfegruppen ist hinzuweisen. Arbeits- und sozialmedizinische Aspekte Klinische Ausprägung und Lokalisation der Hautveränderungen können die Betroffenen bei ihrer beruflichen Tätigkeit erheblich beeinträchtigen. Patienten mit manifester atopischer Dermatitis sollten eine qualifizierte Berufsberatung erhalten. Arbeiten im feuchten Milieu, starke Hautverschmutzungen, häufiges Händewaschen sowie der häufige Umgang mit hautreizenden Stoffen sollten vermieden werden. Häufig ist konsequenter Hautschutz erforderlich. Die Reinigung der Haut sollte z. B. mit Handwaschölen oder spezifischen Produkten erfolgen. (UB)

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