In der Klinik wechselten in den ersten Stunden Phasen von Bewusstseinstrübung und paranoid-halluzinatorischem Psychosyndrom ("Tiere an der Zimmerdecke") mit extremer Agitiertheit, Streitsucht und Übererregbarkeit ab. Neben diesen zentralen Zeichen des akuten anticholinergen Syndroms wurden auch periphere Symtome wie Mydriasis mit stark abgeschwächter Lichtreaktion und Miktionsstörung beobachtet. Die übrigen internistisch-neurologischen Befunde und die Laborwerte waren unauffällig. Das immunologische Drogenscreening im Urin ergab keine weiterführenden Befunde. Die Behandlung beschränkte sich auf symptomatische Maßnahmen und den Versuch einer Giftentfernung durch Magenspülung. Nach zwölf Stunden konnten die beiden Freunde über den aus Engelstrompetenblüten selbst gebrauten Tee berichten. Die Engelstrompete gehört ebenso wie Stechapfel und Tollkirsche zu den Nachtschattengewächsen, die Scopolamin und Atropin enthalten. Sie bewirken ein akutes anticholinergisches Syndrom, das bis zu Koma und Atemlähmung führen kann. Der Nachweis der Alkaloiddrogen kann im Labor mittels HPLC geführt werden. Therapeutisch wird neben symptomatischen Maßnahmen die (rechtzeitige!) Gabe von Aktivkohle empfohlen. Als Antidot bei schweren zentralen Symptomen ist der Cholinesterase-Hemmer Physiostigmin das Mittel der ersten Wahl. (Ko)
Engelstrompetenblüten-Tee
NATUR+PHARMAZIE 5/2001
Anticholinerges Syndrom durch Vergiftung mit selbstgebrautem Rauschmittel
Zwei Jugendliche, 14 und 16 Jahre alt, wurden bewusstseinsgetrübt im Vorgarten liegend aufgefunden. Sie hatten angeblich etwa drei Stunden zuvor einen selbstgebrühten Tee getrunken.
Quelle: Winckelmann, U: Anticholinerges Syndrom nach Ingestion von Tee aus Engelstrompetenblüten, Zeitschrift: MONATSSCHRIFT FUR KINDERHEILKUNDE, Ausgabe 148 (2000), Seiten: 18-22