Verschiedene prospektive, randomisierte Studien ergaben, dass eine Magenspülung - wenn überhaupt - nur in der ersten Stunde nach der Aufnahme der toxischen Substanz sinnvoll ist. In einer Studie wurde zudem bei 8,5% der Patienten nach der Magenentleerung eine Aspirations-Pneumonie beobachtet. Eine Magenspülung sollte nach gemeinsamem Beschluss der American Academy of Clinical Toxicology und der European Association of Poison Centres and Clinical Toxicologists nur im Fall einer potenziell lebensbedrohlichen Vergiftung innerhalb der ersten Stunde nach Giftaufnahme durchgeführt werden. Strenge Kontraindikationen sind darüber hinaus Vergiftungen mit Kohlenwasserstoffen wie Benzin und die Aufnahme ätzender Substanzen. In Einzelfällen kann eine Magenspülung wohl auch nach Überschreiten der Ein-Stunden-Grenze sinnvoll sein. Dazu zählen Intoxikationen mit anticholinerg wirkenden Substanzen, Retardpräparaten oder Medikamenten, die zu erheblicher Verklumpung neigen (z. B. Carbamazepin). Auch bei Vergiftungen mit Schwermetallverbindungen oder Pestiziden, die selten vorkommen und in den Studien nicht berücksichtigt wurden, sollte die "späte" Magenspülung einen Stellenwert behalten. Die Gewinnung von Probenmaterial für die toxikologische Analytik reicht als alleinige Begründung für eine Magenspülung im Regelfall hingegen nicht aus. (UB)
Orale Intoxikation
NATUR+PHARMAZIE 11/2000
Wann ist eine Magen-spülung sinnvoll?
Nach oraler Intoxikation galt die Magenspülung früher als Standardverfahren zur Giftentfernung. Daran hat sich einiges geändert, seit mehrere Studien zeigten, dass der Effekt dieser Maßnahme nur begrenzt, das Komplikationsrisiko jedoch relativ hoch ist.
Quelle: Desel, H: Indikation zur Magenspülung, Zeitschrift: INTERNIST, Ausgabe 4 (2000), Seiten: 388-389