Problemlösungsfähigkeit

NATUR+PHARMAZIE 2/2015

Sogar kurze Naps fördern die Leistung

Ein adäquater Nachtschlaf ist bekanntlich essenziell für die Gedächtniskonsolidierung. In einer experimentellen Studie untersuchten nun brasilianische Schlafforscher anhand eines Videospiel-Tests, ob schon ein kurzes Nickerchen („Nap“) die Gedächtnisleistung und die Problemlösungsfähigkeiten gesunder Probanden fördert.

Am Institut für Chronobiologie der Universität von Paraná wurden 29 gesunde weibliche Freiwillige mit einem Durchschnittsalter von 21,5 Jahren rekrutiert. Sie unterzogen sich der Aufgabe, im Rahmen des Videospiels „Speedy Eggbert Mania“ in einer Probesession jeweils vier konsektive Schwierigkeitsebenen (á maximal zehn Minuten) zu durchlaufen. Wurde ein Level nicht erfolgreich absolviert, wurde der Versuch gestoppt. Das Spiel testet die visuelle und räumliche Leistungsfähigkeit sowie das logische Denken.
14 Teilnehmer machten während der anschließenden 90-minütigen Ruhephase ein mehr oder weniger langes Nickerchen. Die andere Hälfte der Probanden hielt Ruhe, schlief aber nicht. Bei allen wurden in der Ruhephase eine Polysomnographie durchgeführt und relevante Schlafparameter einschließlich der Schlafstadien erhoben. Danach wurde das Spiel für erneut zehn Minuten auf jeweils dem Level fortgesetzt, an dem der Spieler zuvor gescheitert war. Bestimmt wurde am Ende die Rate an Probanden, die das Level erfolgreich absolvierten.
In der Schlafgruppe wurde nach einer durchschnittlichen Latenz von etwa 13 Minuten eine durchschnittliche Schlafdauer von etwa 66 Minuten registriert. Im Einklang mit der Studienhypothese lösten in der Kontrollgruppe nur sieben der 15 Personen das Problem und absolvierten die entsprechende Spielebene, in der Schlafgruppe aber zwölf der 14 Teilnehmerinnen (X2: 4,88; p = 0,02). Damit wiesen die Personen mit anschließendem Nap eine nahezu doppelte Wahrscheinlichkeit wie die wach gebliebenen Teilnehmer der Kontrollgruppe auf, das vorherige Problem zu lösen.
Dabei zeigten die Schlafstadien in der Polysomnographie einen deutlichen Effekt auf das Ergebnis: Interessanterweise gelang die Problemlösung allen neun anschließend Schlafenden, die während ihres Naps in einen Slow-wave-Schlaf (SWS) gelangten, aber nur drei von fünf Probanden ohne SWS. Wider Erwarten ergab sich für einen Rapid Eye Movement (REM) Schlaf, der vermutlich ebenfalls die Problemlösungsfähigkeiten und die Kreativität stärkt, bei diesem Versuch kein relevanter Einfluss: Sieben von acht Probanden mit REM-Schlaf absolvierten das problematische Level, aber auch fünf von sechs ohne REM-Phasen. Auch der Umstand, ob eine Versuchsperson sich an einen etwaigen Traum erinnerte, beeinflusste die Testleistung statistisch nicht signifikant (nur ein Teilnehmer berichtete, von der Testaufgabe geträumt zu haben). Videospielerfahrungen aus der Vergangenheit wirkten sich ebenfalls nicht maßgeblich auf das Ergebnis aus. JL
KOMMENTAR

Unabhängig von demographischen und Schlafvariablen konnten sehr viel mehr Probanden, die nach der Testaufgabe kurz schliefen, die Spielprobleme lösen als die wach gebliebenen Probanden. Dieser Versuch spricht dafür, dass auch ein kurzes Schläfchen ein „Booster“ für die kognitive Performance sein kann. Während REM-Schlafphasen während des Nap’s die Leistung wider Erwarten nicht verbesserten, hatte der Slow-wave-Schlaf (SWS) einen ausschlaggebenden positiven Einfluss. Gerade der SWS erscheint somit – über seine Funktion für die Konsolidierung Hippokampus- relevanter Gedächtnisinhalte hinaus – als essenzieller Faktor für die Integration neuer Informationen und den Transfer von implizitem zu explizitem Wissen – mithin der Fähigkeit, Probleme zu lösen.

Quelle:

Beijamini F et al.: After being challenged by a video game problem, sleep increases the chance to solve it. PLoS One 2014; 9: e84342 (Epub 08.01.2014; doi: 10.1371/journal.pone.0084342; eCollection 2014)

ICD-Codes: G47.2

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